Immuntherapie

Abtötung Tumorzelle
Immuntherapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs – Stand Ende 2022
Ziel der Immuntherapie gegen Pankreaskarzinom (PaKa) ist, die Krebszellen für die körpereigenen Immunabwehrzellen als „fremd“ erkennbar zu machen und durch aktivierte „Killerzellen“ des Immunsystems aufzulösen und in Kombination mit Operation und/oder Chemotherapie den ganzen Krebstumor zu entfernen (s. Abb.).
Allerdings ist der Bauchspeicheldrüsenkrebs gegen Immuntherapie wenig empfindlich. Die geringe Empfindlichkeit des PaKa auf Abwehrzellen des menschlichen Immunsystems hat vor allem zwei Gründe:
Erstens: Krebszellen der Bauchspeicheldrüse haben eine geringe Erkennbarkeit als Fremdzelle (Antigenität), d. h. an der Zelloberfläche der Krebszelle finden sich nur wenige Stellen (Rezeptoren), die die Krebszelle als Fremdgewebe für körpereigene Abwehrzellen erkennbar macht.
Zweitens: Der Tumor hat eine besondere Zusammensetzung: Er besteht nur zu ca. 10 % aus Krebszellen; ca. 40 % sind extrazelluläres Matrixgewebe (Bindegewebskomponenten wie Collagen, Fibronectin, Hyaluronsäure, etc.; ca. 16% sind Fibroplasten (CAFs) (Bindegewebszellen mit Hilfseigenschaften für die Karzinomzellen) und ca. 12 % sind andere Zellen: Leukozyten, karzinomassoziierte Makrophagen (TAMs), inaktive T-Zellen, pankreatische Stellatzellen, myeloid-derived Suppressorzellen (MDSCs), die alle zum Tumorzellwachstum beitragen. Ca. 10 – 15 % machen Blutgefäße aus.
Diese extrazelluläre Matrix ist ein Schutzwall, der die Krebszellen umgibt und der durch Immunzellen und Medikamente schwer zu durchbrechen ist, aber bei radikal operablen, nicht metastasierten Krebstumoren auch in Kombination mit Immun- und Chemotherapie vollständig entfernt werden kann.
Die geringe Erkennbarkeit der Krebszellen als „fremd“ (Antigenität) wird unterstützt durch die geringere Zahl von Krebszellmutationen, die zur Produktion veränderter Proteine an der Krebszelloberfläche führt und so als Fremdeiweiß, als Signalproteine für Abwehrzellen erkennbar macht („foreign antigens“). Die Pankreaskarzinomzellen entgehen der Immunüberwachung des menschlichen Abwehrsystems nicht nur durch geringere immunologische Erkennbarkeit, sondern auch durch immunsupprimierende Proteine und Helfer-Zellen in der Nachbarschaft der Karzinomzellen sowie durch Botenstoffe, die das Krebswachstum fördern.
Derzeit – April 2020 – muss man feststellen, dass es noch keine gesicherten, evidenzbasierten Ergebnisse für eine positive Wirkung der alleinigen Immuntherapie bei Pankreaskarzinom gibt. Die Studien mit Immuntherapie und Chemotherapie sind Phase I-Ergebnisse, bei Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem Karzinom also vorläufig. Es fehlen Ergebnisse von prospektiven, kontrollierten Studien.
Neueste Immuntherapieprinzipien gegen Krebswachstum der Bauchspeicheldrüse:
Aktivierte T-Zellen sind die Schlüsselzellen der Immunabwehr von Krebszellen; sie sind Regulatoren der Immunprozesse gegen den Krebstumor.
+ Immun-Checkpoint-Blockade:
Ein zweiter Checkpoint ist das „Programmed cell death protein“ (PD-1), welches an Effektor-T-Zellen, regulatorischen T-Zellen und B-Zellen, sowie natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) auftritt und mit den Liganden von PD-1 reagiert. Der Ligand PD-L1 wird auf den Krebszellen exprimiert. PD-1 monoklonaler Antikörper, wie Pembrolizumab und Nivolumab ist als Checkpoint-Hemmer bei soliden Tumoren, wie Melanom, Lungenkarzinom, Urotelkarzinom und Nierenkarzinom als wirksam eingesetzt worden und in klinischen Studien in Anwendung. Monoklonale Antikörper, die PD-1 und CTLA-4 blockieren, bewirken Tumorschrumpfung in experimentellen Mausmodellen. Der Einsatz bei Patienten mit weit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom ist bisher wenig erfolgreich gewesen. Bei der kleinen Gruppe von PaKa mit „microsatellite instability“ (Mikrosatelliteninstabilität) ist die Checkpoint- Therapie allerdings sehr erfolgreich.
+ Therapie mit Vakzinen aus Krebszellen:
+ Therapie mit aktivierten Dendritenzellen:
Eine wirksame Immuntherapie des PaKa erfordert beim Menschen eine gleichzeitige Überwindung vieler Barrieren, die der Krebstumor zur Immunabwehr um sich aufrechterhält. Die neue Antitumortherapie bei PaKA beruht daher auf gleichzeitiger oder nacheinander folgender Anwendung von kombinierten, medikamentösen Therapieprinzipien Immuntherapie + Chemotherapie + Operation. Positive Studienergebnisse liegen noch nicht vor.
+ Laufende klinische Studien zur Immuntherapie bei PaKa-Patienten
1. GVAX+Koloniestimulierenden Faktor 1 Rezeptor (CSF-1R) Antikörper +Anti-PD1 - Phase I (NCT03153410)
2. Anti-PD-L1 +CSF-1R (Pexidartinib) - Phase I (NCT02777710)
3. CXCR-4 Antagonist (Chemokin-Ligand der Tumorfibroplasten) - Phase I (NCT03277209)
4. CD 40 Agonist (Aktivator von Antigen-präsentierenden Zellen) + Nab-Paclitaxel + Gemcitabine - Phase I (NCT02588443)
(Stand Mai 2019, Gastroenterology 2019, unvollständig):
1. Strahlentherapie plus Immuntherapie
- PD-1, CTLA-4, Strahlentherapie (NCT02639026)
- Cyclophosphamide, PD-1, GVAX, Strahlentherapie (NCT02648282;NCT0316379)
2. Vakzine plus Immuncheckpoint-Blocker
- PD-1, Strahlentherapie (NCT03245541)
- CRS-207, PD-1, CTLA-4, GVAX (NCT03190265)
- Cyclophosphamide, GVAX, PD-1 (NCT02451982)
- Cyclophosphamide, GVAX, PD-1, CSF1R (NCT03153410)
- Cyclophosphamide, GVAX, CRS-207, PD-1, IDO (NCT03006302)
3. Chemotherapie plus Immunagonisten und –antagonisten
- Chemotherapie, CD40 Agonist, anti-PD-1 (NCT03214250)
4. Myolid-Inhibitoren plus Immuntherapie
- PDL1, CFS1R (NCT02777710)
- PD-1, CFS1R (NCT02526017)
- Cyclophosphamide, GVAX, PD-1, CSF1R (NCT03153410)
- NabPaclitaxel, Gemcitabine, BTK (NCT02436668)
- NabPaclitaxel, Gemcitabine, CCR2/5, PD-1 (NCT03496662)
Derzeit – Januar 2020 – muss man feststellen, dass es noch keine gesicherten, evidenzbasierten Ergebnisse für eine positive Wirkung der alleinigen Immuntherapie bei Pankreaskarzinom gibt. Die Studien mit Immuntherapie und Chemotherapie sind Phase I-Ergebnisse, bei Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem Karzinom also vorläufig. Es fehlen Ergebnisse von prospektiven, kontrollierten Studien.
Immuntherapie im Tierexperiment:
Viele immuntherapeutische Substanzen haben im Tierexperiment (meistens Mausmodelle) sehr ermutigende Erfolge der Schrumpfung oder gar Auflösung des Pankreaskrebstumors gebracht. Die Kombination von Gemcitabine mit koloniestimulierendem Faktor 1- Rezeptor (CSF-1 Rezeptor) und Blockade der Checkpoint-Substanzen mit Anti-PD1 und Anti-CTLA-4 bewirkt im Mausmodell in 30 % eine komplette Heilung vom Tumor und in 85 % eine Tumorverkleinerung (Ergebnis im Mausmodell; Cancer Research 2014).